Geruch - Sensorisch aktive Komponenten

Chemosensorisch aktive Inhaltsstoffe
Bei der Wahrnehmung und Bewertung von Lebensmitteln nutzt der Mensch eine Bandbreite unterschiedlicher sensorischer Eindrucke, die auf chemische Lebensmittelinhaltsstoffe zuruckzuführen sind, wobei chemosensorisch aktive Stimuli (speziell Geruch, Geschmack und trigeminal aktive Komponenten) sowie visuell-sensorische Reize eine wichtige Rolle für unsere Qualitätsbeurteilung von Lebensmitteln spielen.
Geruch
Geruchsstoffe zeichnen sich prinzipiell durch ihre relativ hohe Flüchtigkeiten bzw. Molekulargewichte aus, die i. d. R. unter einem Molekulargewicht von 300 liegen. Abgesehen davon ist charakteristisch für diese Inhaltsstoffgruppe ihre enorme strukturelle Vielfalt, ebenso wie eine hohe Variabilität bezüglich ihrer Geruchseigenschaften und ihrem qualitativen und quantitativen Vorkommen.
Geruchsstoffe können flüchtige Carbonylverbindungen wie z. B. gesättigte oder ungesättigte, verzweigte oder unverzweigte Ester, Lactone, Aldehyde, Ketone, aber auch Alkohole, Thio Verbindungen, (hetero-) aromatische Substanzen, terpenoide Komponenten und viele mehr sein.
Eine Vielzahl besonders geruchsaktiver Komponenten können trotz Konzentrationen im unter μg/kg- oder gar ng/kg-Bereich auf Grund ihrer extrem niedrigen Geruchsschwellen einen wichtigen Beitrag zu einem Lebensmittelaroma spielen. Einige Geruchsstoffe
haben mitunter dramatisch unterschiedlichen Geruchsschwellen. Geruchsstoffe können sowohl durch Riechen (orthonasal), wie auch beim Prozess des Schmeckens (retronasal) wahrgenommen werden, wobei die im Mund freigesetzten Geruchsstoffe über den Rachenraum in den Nasenraum mit dem Ausatemstrom transportiert werden, um dort mit den Geruchsrezeptoren des Riechepithels (regio olfactoria) zu interagieren.
Im Hinblick auf die sprachliche Benennung unserer chemosensorischen Eindrucke beim Verzehr von Lebensmitteln ist die deutsche Sprache also verhältnismäßig unspezifisch, da sie nicht spiegelt, dass es sich nicht nur um Geschmackseindrucke, sondern auch z. B. retronasale Aromen handeln kann, die man wahrnimmt, wenn man sagt, es „schmeckt“ mir.
Abgesehen von diesen sehr individuell geprägten Geruchsphänomenen fällt auch ins Auge, dass bei zunehmender Komplexität von Geruchsstoffmischungen interessante Effekte resultieren, die auf den ersten Blick nicht ohne weiteres zu erklären sind. So können Geruchsstoffe in bestimmten Mischungen andersartige Geruchseindrucke hervorrufen, die den jeweiligen Einzelsubstanzen und ihren Geruchseindrucken nicht zuzuordnen sind. Bestimmte Mischungen von Fettsäureoxidationsprodukten und Derivaten der Strecker-Reaktionen können so beispielsweise fischige oder heuartige Geruche hervorrufen, wobei keine der in der Mischung vorliegenden Einzelsubstanzen als solche nach Fisch riecht: Viele Lebensmittelaromen lassen sich auf derartige Mischeffekte zurückfuhren, wobei z. B. grapefruitartige, ananasartige, oder erdbeerartige Eindrucke durch das jeweilige Zusammenspiel von beispielsweise fruchtigen, zitrusartigen, Johannisbeerartigen oder süßlich-karamelartigen Noten resultieren. Dem gegenüber stehen Aromen, die weitestgehend von sensorisch dominanten Einzelsubstanzen bestimmt werden, sogenannten „Character Impact“ Komponenten.
Allerdings ist es auch bei diesen Substanzen so, dass die Zuordnung zu einem bestimmten Aromaeindruck zwar durch die einzelne Verbindung weitestgehend gelingt, für einen „runden“, ausgewogenen Aromaeindruck jedoch noch weitere Substanzen zur Vervollständigung notwendig sind, und die Impact-Substanz alleine eher eindimensional wirkt. Umgekehrt sind diese Substanzen auch in vielen anderen Lebensmitteln als Aromabestandteile zu finden, ohne dass ihnen dort „impact“-Status zukommt, da dies immer von der qualitativen und quantitativen Zusammensetzung des betreffenden Lebensmittelaromas und der Komposition und Komplexität der übrigen Geruchskomponenten abhängt.
Quelle: Moderne Lebensmittelchemie, B. Behr‘s Verlag
Bild: www.pixelio.de