Bioaktive Komponenten - Ballaststoffe

Ballaststoffe stellen eine sehr heterogene Gruppe von Lebensmittelinhaltsstoffen dar, für die gesundheitsfördernde Wirkungen diskutiert werden. Ballaststoffe, die im englischsprachigen Raum als „dietary fibre“ bezeichnet werden, fanden im Jahr 1953 erstmalig Erwähnung und wurden als Lignin, Cellulose und Hemicellulosen definiert. Seitdem wurden mehrere Ballaststoffdefinitionen erarbeitet.
Diese beruhen entweder auf chemischen Merkmalen der Ballaststoffkomponenten, den physiologischen Wirkungen der Ballaststoffe oder aus einer Kombination beider Ansätze. So definiert die American Association of Cereal Chemists International (AACCI) Ballaststoffe wie folgt: „Ballaststoffe bestehen aus essbaren Pflanzenteilen oder analogen Kohlenhydraten, die gegenüber der Verdauung und Absorption im menschlichen Dünndarm resistent sind und im Dickdarm teilweise oder vollständig fermentiert werden. Ballaststoffe beinhalten Polysaccharide, Oligosaccharide, Lignin und assoziierte Pflanzensubstanzen. Sie unterstützen gesundheitsfördernde Prozesse wie die Regulierung des Cholesterinspiegels und/oder die Regulierung des Blutzuckerspiegels und/oder besitzen abführende Eigenschaften“. Andere Ballaststoffdefinitionen sind komplexer, z. B. die Definition der Codex Alimentarius Kommission, die vor allem Einschränkungen für Oligosaccharide vorsieht, aber auch zwischen der Herkunft der Ballaststoffkomponenten (isoliert oder Bestandteil der Pflanzenzellwand) unterscheidet. Auch können Ballaststoffe in lösliche und unlösliche Ballaststoffe unterteilt werden, deren Summe als Gesamtballaststoffe bezeichnet wird. Diese Unterscheidung beruht auf der Löslichkeit der verschiedenen Ballaststoffkomponenten in einer wässrigen pH-kontrollierten Lösung.
Gemäß der AACCI Definition umfassen Ballaststoffe alle im Dünndarm unverdaulichen Polysaccharide natürlicher Herkunft, das heißt Cellulose, Hemicellulosen, Pektine, polymere Fructane, Pflanzengummis und Pflanzenschleime. Auch unverdaubare Oligosaccharide wie Oligofructane werden von der Definition erfasst. Unter dem Begriff „analoge Kohlenhydrate“ werden im Allgemeinen Polysaccharide verstanden, die ähnliche Eigenschaften wie die natürlich vorkommenden Ballaststoffpolysaccharide bezüglich Verdauungsresistenz, Fermentierbarkeit im Dickdarm und physiologischer Eigenschaften aufweisen. Hierunter fallen z. B. modifizierte Cellulosen wie Methylcellulose und Hydroxypropylmethylcellulose, Polydextrose und teilweise die resistenten Stärken. Als Nicht-Kohlenhydratkomponenten werden neben Lignin die „assoziierten Pflanzensubstanzen“ Suberin, Cutin, Wachse sowie Tannine zu den Ballaststoffen gerechnet.
Obgleich auch Speicherpolysaccharide, wie z. B. resistente Stärke oder Inulin, und synthetische Polysaccharide zu den Ballaststoffen gerechnet werden, entstammt der Großteil der genannten Ballaststoffkomponenten in unserer Ernährung den pflanzlichen Zellwänden. Dementsprechend ist die Chemie der Ballaststoffe häufig eng mit der Chemie der pflanzlichen Zellwände verknüpft. Pflanzliche Zellwände bestehen aus mehreren Schichten, der Mittellamelle, der Primärwand und teilweise, je nach Funktion der Zelle, der Sekundärwand. Pflanzliche Zellwände sind generell aus Nicht-Stärkepolysacchariden und Strukturproteinen (letztere gehören jedoch nicht zu den Ballaststoffen) sowie teilweise aus weiteren Komponenten wie z. B. Lignin, Suberin etc. aufgebaut. Die genaue chemische Zusammensetzung pflanzlicher Zellwände hängt von folgenden Faktoren ab: betrachtete Pflanze, Pflanzenteil, Gewebe und Entwicklungszustand der Zelle (Reife). Cellulose ist das am häufigsten in der Natur vorkommende Pfl anzenpolysaccharid. In der Zellwand liegt es in einer Matrix, bestehend aus Pektinen und Hemicellulosen, eingebettet vor. Cellulose bildet aufgrund der Zusammenlagerung der Polymerstrange ((1→4)-verknüpfte β-d-Glucane) über Wasserstoffbrückenbindungen Mikrofibrillen aus. Cellulose ist ein Bestandteil der unlöslichen Ballaststoffe und aufgrund der überwiegend kristallinen Struktur der Cellulosemikrofibrillen ist sie ebenfalls weitestgehend resistent gegenüber der Fermentation durch Dickdarmmikroorganismen.
Quelle: Moderne Lebensmittelchemie, B. Behr‘s Verlag
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